
Zum Einstieg ein Link zu einem älteren Blog-Post bei Cassiel.
http://tangoplauderei.blogspot.de/2009/11/tango-dj-christian-tobler.html
Dies ist Teil 3 eines dreiteiligen Beitrags; die beiden anderen Teile sind auch lesenswert.
Ich will gar keine großartigen eigenen Thesen aufstellen; Gedanken möge sich jeder selbst machen. Nur so viel: Natürlich ist die finanzielle Leistungskraft der Tangoland-Bewohner unterschiedlich, und sicher haben auch einige nur sehr wenig „money to burn“. Andere dagegen sind durchaus etwas besser betucht. Ich denke daher, daß in der TA-Szene im Großen und Ganzen kein wirklicher Geldmangel herrscht, sondern eher eine Art Geiz ist geil-Kultur.
Schaut man sich die Eintrittspreise von Milongas an, liegen diese meist irgendwo im 5-8-Euro-Sektor; das ist in etwa der Preis von ein bis zwei Latte Macchiatos, oder die Hälfte von dem, was ein Kinoticket kostet (ohne Popcorn); von Theater- oder Konzertpreisen wollen wir gar nicht erst reden. Zu Klamotten kann ich nur Vermutungen anstellen – in die Richtung, daß dies durchaus auch signifikante Kostenblöcke sein können. Die Gesamtbudgets von Encuentros, Tangoreisen und dergleichen…nun ja.
Die Frage ist nur: was muß man davon alles finanzieren? Die Musik ist ja nicht alles. es beginnt beim Raum. Als Kneipier wird man mit dem Tangovolk nicht sonderlich glücklich. Alkohol ist der natürliche Feind jeder Achse. Mittags kann man wenigstens noch das eine oder andere Stück Kuchen verkaufen. Abends – ich habe mich schon ein paarmal gefragt, warum Tangolokale nicht spezielle tangokompatible Gerichte anbieten, Fingerfood, das keine Fahne macht und nicht so einen großen Fußabdruck – platzmäßig wie auch zeitlich – hat wie ein warmes Tellergericht.
Ein Modell, das ich schon ein paarmal gesehen habe, sind Vereine. Man kommt zum Beispiel als gemeinnütziger Verein gut an Räume heran. Okay, es gibt eine Menge Räume, die nur mit relativ viel Aufwand in eine gemütliche Milonga-Umgebung verwandet werden können; es muß dann doch ein wenig Geld in die Hand genommen werden. Was das angeht, ließe sich z.B. ein Vereinsbeitrag erheben, der nach Einkommen gestaffelt ist – das bekommen andere Vereine oder auch Parteien ja auch hin.
Gut, das Problem bei Vereinen ist die Vereinsmeierei; es kann natürlich passieren, daß so ein Verein in die Hände von Tangopolizisten oder sonstigen Leuten mit fütterungsbedürftigen Egos fällt. Oder daß die Aktivitäten aus Zeitmangel einschlafen. Ich behaupte aber mal, daß – will man die Vorteile eines „gesetzeskonformen“ Vereins mitnehmen – eine Art „Blaupause“ für das Formale erzeugt werden kann (vielleicht gibt es ja schon eine App dafür…). Dieses Rad wurde mit Sicherheit schon Millionen mal erfunden.
Mal so eine kleine obere Abschätzung: sagen wir, ein 100 Quadratmeter großer Gewerberaum, in einem Gründerzentrum oder einem Coworking Space; ich glaube nicht, daß so etwas warm mehr als 1500 Euro kostet. Sicher läßt sich da auch der eine oder andere kommunale Euro lockermachen, wenn es nicht sogar subventionierte kommunale Räume gibt. Umgerechnet auf einen Verein mit sagen wir 50 Mitgliedern wären das 30 Euro pro Monat. Und ein solcher Raum stünde dann 24/7 zur Verfügung, für Milongas, Kurse, Einzelstunden und was noch alles.
Ich schließe hier – mit der Wiederholung meiner These, daß, um es mal mit gängigen Klischeebegriffen zu sagen, im Tango Argentino doch ein recht schottischer (oder schwäbischer) Geist weht. Dabei fällt mir ein alter Witz ein: 3 Schwaben fallen beim Schneewandern in eine Gletscherspalte. Glück im Unglück: es treffen Rettungskräfte ein; einer ruft nach unten: „Hier ist das Rote Kreuz, geht es Ihnen gut?“. Worauf einer der Bergwanderer ruft: „Mir gebet nix!“.